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Bei den Grabung, die im Jahre 1880 auf dem Schloßplatz stattfanden, fand
man ein ungewöhnlich großes Fundament. Es wird mit den Maßen 13 m mal 17 m
angegeben. Das Mauerwerk war bis zu 4,5 m stark und umgab einen
überwölbten Kellerraum. Für Friedrich-Wilhelm Krahe gibt es keinen
Zweifel: Dieses Fundament ist einem Wohnturm aus der Zeit Ende des 12.
Jahrhunderts zuzuordnen. Die Datierung beruht auf einem Vergleich mit
anderen Daten von Wohntürmen in europäischem Rahmen. Eine archäologische
Datierung läßt sich hoffentlich noch nachholen, da das Material noch unter
der Straßendecke zu finden sein müßte. Momentan müssen wir mit den damals
um 1170 erfolgten Strukturänderungen in Spandau als Datierung und den
politischen Randbedingungen vorlieb nehmen.

Welche Aufgaben hatten die Wohntürme bei uns zu mittelalterlicher Zeit?
Sie dienten der Markierung und Durchsetzung von Gebietsansprüchen und
waren mit den jeweiligen Statthaltern des Markgrafen besetzt. Schon seit
Jahren vermissen Fachleute einen erkennbaren Schutz für die Handelswege
und insbesondere für den Spreepaß. Denn es entbehrt jeder politischen
Vernunft, daß man den Spreepaß nicht abgesichert haben sollte, zumal der
Teltow und Barnim noch zu besiedeln und ein sicherer Zugang zur Oder
erwünscht war. Da dieses Ziel auch anderer Kontrahenten verfolgten,
schoben, wie Wolfgang Fritze beschreibt, die askanischen Markgrafen ihren
Einflußbereich Schritt für Schritt entlang der Flüsse nach Osten und
Nordosten. Zur Absicherung gen Osten wurden mit den Gründungen von
Tempelhof, Mariendorf und Mariefelde eine Abgrenzung auf dem Teltow
vorgenommen. Mit Oderberg sicherte man sich 1214 nach Norden ab.

Erst 1245, wurde das Gebiet den Askaniern zugesprochen, nachdem man
besonders auf dem Teltow mehrere Waffengänge für sich entschieden hatten.

Zur Absicherung des günstig liegenden Spreepasses dürfte es bald nach 1170
gekommen sein. Denn durch die Strukturveränderungen in Spandau wurde der
Handelsweg nach Köpenick, der über die Spandauer Straße führte, auf die
Nordseite der Spree gelegt. In Berlin kreuzte der in Nordsüd-Richtung
laufende Weg, der über den Spreepaß geführt wurde. Wie damals üblich,
erfolgte die Doppelsicherung durch wehrhafte Wohntürme beidseitig des
Flusses. Das bedeutet, daß die Errichtung beider Türme eine gezielte
Doppelgründung (um 1170) war. Daraus entwickelte sich die Schwesterstadt
Berlin-Cölln. Am „Alten Haus", das, wie Adrian von Müller vermutet, an der
Kosterstraße stand, meiner Ansicht nach an der Ecke
Rathausstraße/Spandauerstraße, wuchs Berlin empor und Cölln an dem bereits
beschrieben Wohnturm.

Es besteht also Hoffnung, das oben beschriebene Fundament des Wohnturmes
noch zu finden. Des Weiteren Spuren vom „Alten Hof oder Haus": An der Ecke
Spandauer Straße und Rathaus Straße dürften noch massive Fundamente
liegen, die teilweise bei der Errichtung des alten Rathauses und der
Gerichtslaube genutzt wurden. Das es sich hier um Gebäude zur Absicherung
des Spreepasses handelt, kann man aus der Analyse zahlreicher
Merkwürdigkeiten ableiten.

So stand der Wohnturm am Rande auf einer der beiden Talsandflächen in
Cölln. Es ist verwunderlich, daß man ihn nicht in der Mitte des guten
Baugrundes errichtete. Untersucht man aber das umgebende Gelände, wird man
in der ingenieurgeologischen Karte fündig: Der wehrhafte Turm stand an
einer Linie, die den möglichen Verlauf des über den Spreepaß führenden
Nordsüd-Handelsweges nachzeichnet. Es ist die einzig erkennbar gute
Passage: Beginnend am Bahnhof Alexanderplatz betritt man auf der
Rathausstraße alsbald die Berliner Talsandfläche. Der weitere Weg führt am
Rathaus vorbei zur der Kreuzung Spandauerstraße, dem ehemaligen Handelsweg
zwischen Spandau und Köpenick. Hier dürfte als Pendant zum Wohnturm in
Cölln, das „Alte Haus" gestanden haben. Früher befand sich hier das alte
Rathaus und die Gerichtslaube. Zur Poststraße hin könnte ein Straßenmarkt
gewesen sein. Dann führte der Handelsweg über ein leicht abschüssiges
Gelände zu einer kurzen Brücke über die Spree, die an dieser Stelle nur
etwa 50 m breit war, um auf der anderen Seite wieder leicht anzusteigen.
Auf dem „Schloßplatz" muß man sich weiter rechts halten, um die Stelle des
ehemaligen Wohnturmes passieren zu können. An der Schleusenbrücke gab es
wegen des einstigen Spreearms eine leichte Geländevertiefung. Danach
wurden an der Werderschen Kirche zwei beidseitig liegende vermoorte große
Senken passiert. Der Weg wird sich dann verzweigt haben. Einer der Wege
ging nach Tempelhof.


Exkurs zum Glockenturm am alten Dom in Cölln

Dieser Turm, der auf dem Gelände des Dominikanerklosters neben deren
Kirche stand, wurde von Joachim II. um 1536 zum Glockenturm ausgebaut.
Schwere Glocken, die aus Berlin, Wilsnak und anderen Städten abgegeben
werden mußten, hängte man dort die angeforderten bis zu 2,5 m messenden
Glocken auf, um die Pracht des Domstifts zu unterstreichen. 1716 erfolgte
der Abriß.

Zum Alter des Turmes: Beckmann (+1717) hielt ihn für kein altes Gemäuer.
Es sei zum „Zwecke des Glockenturmes errichtet" worden, damit um 1536 die
schweren Glocken aufgehängt werden konnten. Demgegenüber verlegt Leutinger
(+1612) das Bauwerk in die Zeit von Friedrich II. Dabei wird nicht
angegeben, wer den Turm verwendet haben könnte. Soll das autonome Kloster
den Bau gestattet haben?
Adler hält die Bauart für die eines Befestigungsturms, als die erste
Cöllner Stadtmauer wegen des Klosterbaus (um 1300) verlegt werden mußte.
Auffallend ist aber, daß der Turm keinerlei direkte Verbindung zur zweiten
Cöllner Stadtmauer hatte. Er stand dahinter. So vermutet Geyer eine
Zwingerfunktion. Auch in diesem Falle hätte eine Absprache mit dem Kloster
erfolgen müssen. Küster betont (um 1750), daß der Turm keinesfalls zum
Kloster gehören könne, da die Dominikaner ihre Kirchen nur ohne Türme
errichten durften! Kommt also nur eine ursprüngliche Zeit von vor 1300 in
Frage?

Einen Hinweis ergab die Grabung auf dem Schloßplatz (1880). Dort wurde ein
ungewöhnlich massives Fundament (13m x 17 m) gefunden, das bis zu 4,5 m
starke Mauern aufwies. Das Gemäuer umrahmte einen überwölbten Keller.
Diese Situation deutet zweifelsfrei auf einen Wohnturm aus dem Ende des
12. Jahrhunderts hin, der offenbar den Spreepaß und die Handelswege
sichern sollte. Diese waren im Zuge der Strukturänderungen in Spandau
um1170 angelegt worden. Die Errichtung dieses Turmes war der Gründungsakt
für die Siedlung in Cölln, die sich gemeinsam mit Berlin später an der
jetzigen Mühlendammbrücke dynamisch entwickelte.

Da der Wohnturm beim Bau der Klosterkirche nicht abgerissen wurde und die
Brüderstraße nördlich einen auffälligen Bogen hin zum Wohnturm machte,
liegt die Vermutung nahe, daß die Dominikaner zunächst im Turm gewohnt
haben.

Februar 2006
Hansjürgen Vahldiek
b.goebel meinte am 5. Mär, 01:01:
Kommentar von Felix Escher
Wieder einmal hat Herr Vahldiek ein bisher nicht befriedigend geklärtes Problem der Berliner Frühgeschichte beherzt angepackt und ein interessantes Lösungsmodell vorgestellt: Welche Bedeutung und Funktion hatte der rechteckige Turm auf dem Gelände des Dominikanerklosters, der nach der Umwandlung des Klosters als kurfürstliches Domstift zum Glockenturm der Stiftskirche wurde? Erklärungsversuche gibt es seit der Auffindung der Fundamente bei den Ausschachtungsarbeiten zur Berliner Kanalisation im Jahre 1880. In der Regel wird der Turm in einen Zusammenhang mit der Cöllner Stadtbefestigung gesehen, doch stand der Turm zwischen der nachgewiesenen, den Bauplatz des Klosters einschließenden bis zum Schloßbau bestehenden Stadtmauer und der im Zusammenhang mit der Erforschung der Frühgeschichte des Schlosses erschlossenen "älteren" Stadtbefestigung, so dass noch Albert Geyer in seiner "Geschichte des Berliner Schlosses" ein "Zwingerfunktion" annahm. Freilich war die Anlage eines Zwingers, weitab von den Toren - wie auch eine Doppelmauer - hierzulande unüblich.

Wenn auch bei den Kanalisationsarbeiten 1880 Fachleute zur Freilegung des Objektes hinzugezogen wurden, so achtete man offenbar nicht auf das eventuelle Vorhandensein von Maueranschlüssen an der Außenseite, die zur Klärung der Lage in einem Befestigungssystem beigetragen hätten.

Vahldiek erklärt das merkwürdige Bauwerk zu einem "Wohnturm" und Pendant zum "Alten Hof" in Berlin, dessen Gelände zunächst vom Markgrafen genutzt, dann dem Franziskanerkloster übereignet worden war. Auch das Franziskanerkloster liegt direkt an der Stadtmauer. Für den Chor der Kirche gibt es sogar eine Auswölbung der Stadtmauer, die wie neue archäologische Untersuchtungen ergaben, zu der Erstanlage der Stadtmauer gehören. Auch im Aufenthaltsort der Markgrafen in Berlin nach der Schenkung, dem in der unmittelbaren Nachbarschaft des "Alten Hofes" gelegenen "Hohen Haus", das erst in der Zwischenkriegszeit abgerissen wurde, war kein "Wohnturm" festzustellen. Von einer Wohnung der Markgrafen in Cölln, die aus ihrem Besitz an die Dominikaner gekommen wäre, wissen wir nichts. Wenn es so gewesen wäre (und z.B. in Brandenburg und Strausberg so nachgewiesen ist), wäre mit Sicherheit diese Schenkung schriftlich fixiert oder anderweit in Erinnerung geblieben.

Ist diese Art von Nutzung auszuschließen, so ist es in noch stärkerem Maße die Datierung, die Vahldiek auf Grund der Veränderungen des askanischen Herrschaftsbereiches um 1170 ansetzt, fragwürdig. Methodisch ist der Bautyp eines rechteckigen Turmes mit Feldsteinsockel nicht auf einen so knappen Zeitraum festzulegen. Die Sicherung eines alte Handelsweges trifft m.E. auch nicht zu, da der Fernverkehr zunächst vom Gertraudentor über die Spreefurt, auf der der Mühlendamm aufgeschüttet wurde, nach Berlin führte. Der Turm stand abseits.

Fazit: Eine befriedigende Erklärung habe auch ich nicht. Sind die Fundamente vielleicht erst für den Glockenturm mit dem aus dem Abriß von Teilen der Klostergebäude gewonnenen Material errichtet worden? Bis der Turm neuerlich archäologisch untersucht werden kann, muss dies offen bleiben.

Felix Escher 
 

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